Das lange Warten hat ein Ende – der Europäische Rat hat in seiner heutigen Sitzung der neuen EU-Verpackungsverordnung zugestimmt. Jetzt folgt die Veröffentlichung im Amtsblatt und das Inkrafttreten im Januar 2025. Ab Mitte 2026 werden die ersten neuen Pflichten ihre Geltung entfalten.
Wird ab jetzt also alles leichter für Hersteller von Verpackungen und verpackten Produkten? Der Traum von der einen Kennzeichnung und einheitlichen Vorgaben für die Verpackung, geltend auf allen europäischen Märkten, wird er wahr?
Zu schön, wenn es so einfach wäre! Die Regelungslandschaft ist komplex. Aus 27 verschiedenen Abfallsystemen und Sortierströmen, Kennzeichnungs- und Informationsanforderungen mach` eins?
Springen wir etwas nach vorne: Am Anfang stand die Vision einer CO2 -armen, kreislauffähigen Zukunft in Europa. Die neue Verordnung verfolgt zwei große Ziele: 1. die Reduktion von Verpackungsmüll (Vermeidung) und 2. Die Förderung von Wiederverwendung & Wiederbefüllung sowie Recycling.
Doch die Verordnung beabsichtigt mehr als nur Vorgaben zu bestimmten Quoten und Mengen zu machen. Sie verfolgt das übergeordnete Ziel, unter dem Schirm des Green Deals der alten Kommission, eine Kultur des bewussten Konsums und des sinnvollen Produktdesigns zu schaffen, sich unabhängiger von Primärrohstoffen von außerhalb der EU zu machen und unseren Ökologischen bzw. CO2– Fußabdruck zu reduzieren. Damit steht die Verordnung als Ergänzung zur im Sommer 2024 verabschiedeten Ökodesign-Verordnung (ESPR) für die Produktkategorie „Verpackungen“ und steht sinnhaft in einer Reihe mit bereits verabschiedeten Gesetzestexten, hier zu nennen die Richtlinie „Recht auf Reparatur“, EmpCo, EUDR, CSRD etc. und weiterer noch in Planung befindlicher Regelwerke.
Denn trotz der Bemühungen, die sich vor allem in nationalem Recht niederschlugen, wuchs der Verpackungsmüll in Europa stetig bis zum Jahr 2021 auf knappe 190 kg pro Kopf im Jahr, ein Anstieg um 20 Prozent innerhalb von zehn Jahren (Quelle Eurostat). Unliebsamer Nebeneffekt: Es gibt mittlerweile in den europäischen Mitgliedsstaaten 27 einzelstaatliche Regelungen, unterschiedlichste Abfallsortierströme und EPR-Systeme und -Organisationen, Sanktionierungen, und Pfandsysteme. Noch im kommenden Jahr, am 1. Januar 2025, treten in Spanien, Portugal und Griechenland neue, sich voneinander unterscheidende, Kennzeichnungsverpflichtungen in Kraft.
Zurück zur Anfangsfrage: Können wir als Hersteller, die Transportverpackungen, Serviceverpackungen oder Verkaufsverpackungen, ob als Einweg- oder als wiederverwendbare Verpackungen erstmals auf dem Markt bereitstellen, mit einer Harmonisierung der Kennzeichnungs- und Informationspflichten rechnen?
Wie zu erwarten, wird es wohl nicht ganz so einfach wie erhofft. Harmonisierte Kennzeichnungsanforderungen für eine Materialidentifikation sind nicht vor 2027/2028 zu erwartend. Mindestens bis dahin gelten die nationalen Vorschriften wie bisher. Wie dieses Piktogramm aussehen wird, werden wir wohl erst 2026 erfahren. Besorgniserregende Stoffe in der Verpackung müssen mit Hilfe digitaler Kennzeichnungstechnologien gekennzeichnet werden. Mitgliedsstaaten können sich entscheiden, nationale Nachhaltigkeits- und Informationsanforderungen beizubehalten oder einzuführen, insofern sie nicht mit der Verordnung im Widerspruch stehen.
Es ist ein engmaschiges Monitoring von Nöten, um die Vielzahl der angekündigten Rechtsakte zu verfolgt, die das „Wie“ und „Wo“ und „Wieviel“ der einzelnen Anforderungen spezifizieren sollen. Eine handfeste Grundlage für die Umsetzung wird nun häppchenweise in den kommenden Jahren vorgelegt. Es müssen noch Fragen zu folgenden Informations- und Kennzeichnungsanforderungen beantwortet werden:
- Etikett mit Infos zum Anteil von Rezyklaten / biobasierten Kunststoffen
- Harmonisiertes Piktogramm mit Angabe der Materialzusammensetzung einschließlich der Methode für die Kennzeichnung von Verbundverpackungen sowie Farbkennzeichnung für Pfand- und Rücknahmeverpackungen
- Methode für die Angabe besorgniserregende Stoffe in Verpackung
- Kennzeichnung von wiederverwendbaren Verpackungen mit Informationen über das lokale, nationale oder unionsweite Wiederverwendungssystem per QR-Code
Zudem sind weitere Spezifikationen wie zum Beispiel hinsichtlich der Bewertung der Recyclingfähigkeit zur Einteilung in Leistungsstufen (recyclinggerechte Gestaltung & Recycling „in großem Maßstab“) oder der Berechnung des Rezyklatanteils aus Verbraucher-Kunststoffabfällen und Darstellung in der technischen Dokumentation angekündigt.
Dennoch lässt die Verordnung Spielräume. Einzelne Mitgliedsstaaten können einzelne Maßnahmen wie die Höhe der EPR-Gebühren oder Kennzeichnungen von Pfand- und Rücknahmeverpackungen weiterhin individuell ausgestalten. Es werden zudem einige Informationsoptionen harmonisiert, wie zum Beispiel digitale Datenträger, über die Sortierinformationen an den Verbraucher weitergegeben werden können. Hier wird den Mitgliedsstaaten freigestellt, ob sie diese einfordern oder nicht; wenn ja, dann in vorgegebener Weise. Die Erfüllung der EPR-Pflichten über Kennzeichnung mit Symbolen der Herstellerrücknahmeorganisationen anzuzeigen ist freiwillig möglich, jedoch immer begrenzt auf den Mitgliedsstaat bzw. die Region, in dem/der dieses System aktiv ist. Daran ist zu sehen, dass es gerade bei den Informations- und Kennzeichnungsanforderungen von Produkten und deren Verpackungen weiterhin eine Vielzahl an Umsetzungsmöglichkeiten geben wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wirtschaftsakteure ein Stück mehr an Rechtssicherheit auf dem Europäischen Markt gewinnen, wenn das Mosaik der europäischen Regulierungslandschaft für Verpackungen etwas vereinfacht wird. Mit der vorliegenden Verordnung bekommen wir eine Idee davon, was kommen wird. Die Vereinheitlichung von Leistungsmerkmalen bezüglich der Recyclingfähigkeit zur Anpassung der ökologischen Gestaltung der EPR-Gebühren, Kennzeichnungs- und Informationspflichten und weitere Anforderungen an Verpackungszusammensetzung und -design nehmen Compliance-Risiken und machen es möglich, einheitliche Verpackungsdesigns auf verschieden Märkten der EU – Mitgliedsstaaten konform bereitzustellen. Die Möglichkeiten bzw. Pflichten, gewisse Informationen über digitale Datenträger bereitzustellen, ermöglicht es, Informationsanforderungen aus anderen Regelwerken, die das verpackte Produkt betreffen, gemeinsam zu erfassen. Es kommen mit der PPWR jedoch auch viele neue Verpflichtungen und Verbote, wie zum Beispiel Beschränkungen von Umweltaussagen und Stoffen hinzu, die bereits beim Design des verpackten Produkts mitbedacht werden sollten, um möglichst Zeit- und Geld-sparende und funktionale Lösungen entlang der Wertschöpfungskette für das finale Produkt und seine Verpackung zu finden.
Benötigen Sie Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Anforderungen an Verpackungen? Wir unterstützen Sie gerne dabei die erforderlichen Daten, Designs und Prozesse anzugehen, bspw. im Rahmen…
- Eines “Verpackungs-Mappings”: Welche Informations- und Kennzeichnungspflichten sind relevant und welche Daten müssen für die Einhaltung vorliegen (bspw. zu Materialien, Entsorgungslösungen usw.)?
- Eines “Art-Work-Prozesses”: Welche Anpassungen sollten wir schon jetzt beim Design unserer Verpackung angehen und „was“ muss künftig „wie“ gekennzeichnet werden, bspw. Platzerfordernis für QR-Code im Designprozess?
- Eines “Art-Work-Checks”: Sind unsere Verpackungen, so wie sie aktuell gekennzeichnet sind, momentan konform? Werden alle Informationen bereitgehalten? Ist ein Prozess implementiert, mit dem Anpassungen zeitgerecht vorgenommen werden können?
- Eines “Green Claims-Mappings”: Werden Umweltaussagen aktuell genutzt? Wenn ja, sind die für die Verifizierung der Claims erforderlichen Daten vorhanden? Ist ein Entscheidungsprozess definiert und implementiert?
- Einer “Umweltkommunikations-Strategie”: Wie können Anforderungen strategisch im Wertschöpfungsprozess integriert werden?
- Einer “Monitoring-Lösung”: Wie kann das aufwändige Monitoring zu gesetzlichen Änderungen und Spezifikationen effizient aufgesetzt werden? NovaLoop oOKAPI als SaaS-Lösung implementieren.
Sprechen Sie uns gerne an!